Im Grundlagenkolleg stehen Theoriebildung und Methodologie im Umkreis der Fragestellung des GK zur Debatte. Das notwendige theoretische und methodologische Wissen wird hier vermittelt, problemorientiert, was impliziert, da▀ dies Wissen nicht als abgeschlossenes, sondern als stets weiterzuentwickelndes im Blick bleibt. Funktional wird im Grundlagenkolleg die Basis geschaffen fⁿr die interdisziplinΣre Verklammerung der fachspezifischen Themen, Problemstellungen und Erkenntnisse.
Im Schwerpunktkolleg wird das fⁿr ein Semester oder ein Jahr ausgewΣhlte Schwerpunktthema erarbeitet. Abgeschlossen wird dies jeweils mit einem kleinen Symposion zum Schwerpunkt ('Schwerpunktsymposion'), an dem alle am GK beteiligten Hochschullehrer teilnehmen (Dauer in der Regel ein Tag). Im Schwerpunktsymposion wird der erreichte Argumentations- und Diskussionsstand zu spezifischen Problemstellungen des jeweiligen Schwerpunkts und ⁿber diesen hinaus zu grundlegenden Fragen des Gesamtthemas verdeutlicht.
Im Forschungskolloquium werden die einzelnen Dissertationsprojekte diskutiert, wobei die Einbindung in die Perspektive des zugeh÷rigen Schwerpunkts wie in das generelle Forschungsprogramm des GK im Vordergrund steht.
Pro Semester werden ein Grundlagenkolleg (Themenspektrum s.u.), je nach Thema ein oder zwei Schwerpunktkollegs (weitere Angaben s.u.) und ein Forschungskolloquium angeboten. Der Besuch des Grundlagenkollegs, eines Schwerpunktkollegs und des Forschungskolloquiums ist obligatorisch. Werden in einem Semester zwei Schwerpunktkollegs angeboten, stehen diese auch fⁿr eine - begrenzte - Zahl von Nicht-Kollegiaten offen.
Im Abstand von eineinhalb Jahren werden erweiterte wissenschaftliche Symposien zu zentralen Fragen des Forschungsprogramms, zugleich zu Aspekten der zurⁿckliegenden wie der nΣchstfolgenden Schwerpunktthemen abgehalten. An ausgewΣhlten Problemkonstellationen soll insbesondere hier der Dialog mit den FΣchern gefⁿhrt werden, die jeweils als Felder von Pragmatisierung / Entpragmatisierung relevant sind, z.B.: Philosophie, PΣdagogik, Theologie, Psychologie, Soziologie, empirische Kulturwissenschaft, andere Kunstwissenschaften (Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte, Musikwissenschaft). Der bewu▀t philologischen Grundkonzeption des GK soll hier ein Gegengewicht geschaffen werden. An den erweiterten wissenschaftlichen Symposien wirken alle Hochschullehrer des GK, Tⁿbinger Vertreter der genannten anderen FΣcher und auswΣrtige Fachvertreter mit.
Mit den Schwerpunktsymposien und den erweiterten wissenschaftlichen Symposien werden die ErtrΣge der gemeinsamen Arbeit gesichtet und gesichert.
Die im Forschungsprogramm des GK dargelegten Forschungsschwerpunkte sind Forschungsfelder der am GK mitwirkenden Hochschullehrer, was sich auch in deren allgemeinem Lehrangebot niederschlΣgt. Entsprechend werden ⁿber Grundlagenkolleg, Schwerpunktkollegs und Forschungskolloquium hinaus jedes Semester eine Reihe von Seminaren (Hauptseminare, Oberseminare) angeboten, die fⁿr die Fragestellung des GK einschlΣgig sind (' themenspezifische Forschungsseminare '). Die Stipendiaten des GK k÷nnen an diesen Seminaren teilnehmen. Bestimmte Aspekte des jeweiligen Schwerpunktthemas k÷nnen hier in Philologien, ZeitrΣumen, Medien und mit methodischen Zugangsweisen aufgearbeitet werden, die im Schwerpunktkolleg nicht im Zentrum stehen.
Die beschriebenen Kollegs k÷nnen durch zweiw÷chige Kompaktseminare ergΣnzt werden, die jeweils nach Semesterende abgehalten werden. Hierzu werden Gastwissenschaftler eingeladen, die die Erarbeitung des jeweils ausgewΣhlten Schwerpunktthemas um solche Bereiche und methodische ZugΣnge ergΣnzen sollen, die die am GK beteiligten Hochschullehrer nicht vertreten.
Habermas' Theorie kommunikativen Handelns, dessen Rezeption und Kritik in Soziologie und Literaturwissenschaften. Aporetische Implikationen der linguistischen Pragmatik (die Debatte Searle-Derrida), Konsequenzen fⁿr die Literaturtheorie. Entstehungsbedingungen und semiologische Grundlagen der pragmatischen Philosophie (z.B. Dewey, Rorty) und die neostrukturalistische/dekonstruktivistische Literaturtheorie im Vergleich.
Der 'Ort' der Literatur in einer allgemeinen Theorie der Kⁿnste/im Vergleich mit
nichtsprachlichen Kⁿnsten/im Kontext einer allgemeinen Kultursemiotik.
Gattungstheorie/Poetologie als Felder der Bildung von Konzepten der
Pragmatisierung/Entpragmatisierung.
Semiologie (Zeichenbildung, Bedeutungskonstitution) literarischer Texte im Horizont
von Pragmatisierung/Entpragmatisierung.
Das VerhΣltnis von Fiktion und Didaxe in der Lehrdichtung.
Der 'Ort' (das 'Ethos') der Dichtung/der Literatur in der Wirklichkeit des Menschen (z.B.:
Aristoteles' Unterscheidung eines 'sch÷pferischen Wissens' [episteme poietike] von einem
theoretischen und einem praktischen Wissen; Kants Topologie des Sch÷nen als Feld
zwischen Naturwissenschaft und Ethik [Sittengesetz]; neostrukturalistische Bestimmungen
der Literatur im Bruch zwischen dyadischer A-Strukturiertheit und
symbolischer Ordnung).
Leitende Kategorien, in denen der Bezug der Literatur zur Wirklichkeit jenseits der
Literatur reflektiert wird (z.B.: Mimesis [der Welt des menschlichen Handelns wie der
Natur], Mythos, Geschichtlichkeit, Diskurs).
Das VerhΣltnis der Literatur zur jeweiligen Leitwissenschaft als prominenter Ort der
Bildung von Konzepten der Pragmatisierung/Entpragmatisierung (17. Jh.: Theologie, 18.
u. 19. Jh.: Philosophie, 20. Jh.: Marxismus, Psychoanalyse, Linguistik).
Diskursanalyse/New Historicism als neue Felder der Bildung von Konzepten der
Pragmatisierung/Entpragmatisierung.
Techne-Aspekt: Regelpoetiken, Rhetoriken, Kanonbildungen als Diskussionsfelder von
Konzepten der Pragmatisierung/Entpragmatisierung; Vergleich mit und Abgrenzung
gegenⁿber linguistischen Modellen der Textproduktion in diesem Zusammenhang (in
Kooperation mit mehreren in Tⁿbingen vorhandenen Forschungsschwerpunkten hierzu).
Literarische Innovation / Geniegedanke / Modernisierungsschwellen im Horizont von
Pragmatisierung/Entpragmatisierung.
Medientechnische Entwicklungen, Medientheorie als Bezugsfelder von Konzepten der
Pragmatisierung/Entpragmatisierung.
─sthetik und Rhetorik: Fall und Wiederaufstieg des Rhetorikparadigmas in der
Literaturwissenschaft.
Literarische ╓ffentlichkeit als Bezugsfeld von Pragmatisierung/Entpragmatisierung.
Wirkungsmodelle von Literatur (z.B.: Katharsis, prodesse et delectare, sch÷pferische
Rezeption, 'Allegorien des Lesens', Konzepte literarischer Didaxe).
Literarische Wirkung/Literaturkritik als Felder von Pragmatisierung / Entpragmatisierung
der Literatur.
Aporien der Pragmatisierungs-/Entpragmatisierungsforderung (z.B.: FunktionalitΣt als
Legitimation von Literatur, zugleich als Aush÷hlen der literarischen QualitΣt).
Angesichts der vielen offenen Fragen der Forschung in diesem Umfeld werden sich im Fortgang der Arbeit neue Problemstellungen ergeben, die zu Erweiterungen wie erheblichen Modifikationen des vorgestellten Themenspektrums fⁿhren k÷nnen.
Das Studienprogramm im ▄berblick:
© '96 Deutsches Seminar, UniversitΣt Tⁿbingen | Letzte Änderung: 23.07.96 |